Kletternder Herisauer bringt Bäume in Form

Grosse Bäume haben eine wichtige ökologische Funktion und bereichern unsere Landschaft. Doch je älter ein Baum, desto wichtiger ist die fachmännische Pflege. Res Ramsauer hat sich darauf spezialisiert.

Karin Erni
Drucken

«Baumpflege» steht auf der dreieckigen Warntafel beim Wanderweg am Herisauer Büel. Und etwas Obacht lohnt sich tatsächlich, denn immer wieder landet unter Krachen ein grosser Ast der stattlichen Esche in der Wiese. Doch der markante Baum auf dem Hügelzug muss nicht sterben – im Gegenteil. Mit pflegerischen Massnahmen soll sein Leben verlängert werden. Verantwortlich für diese Arbeit ist Res Ramsauer. Nach einer Lehre als Forstwart hat er die dreijährige Zusatzausbildung als Baumpflegespezialist mit eidgenössischem Fachausweis absolviert. Seit 2015 verfügt Ramsauer über seine eigene Firma Baumwelt AG in Herisau. Es ist das einzige Unternehmen im Appenzellerland, das ganz auf die professionelle Baumpflege spezialisiert ist. Im Auftrag seiner Kunden kontrolliert und pflegt Ramsauer alte oder kranke Bäume. Unrettbare Exemplare fällt er fachmännisch und führt Neupflanzungen aus. In den Sommermonaten klettert Ramsauer fast täglich mit Seil, Klettergurt und Handsäge ausgerüstet in den Bäumen herum. «Jetzt ist die beste Zeit dafür. Während der Vegetationsperiode kann der Baum die offenen Stellen, die durch die Pflegemassnahmen entstehen, selbständig wieder schliessen.»

Sicheres Arbeiten in luftiger Höhe

Die drei Eschen auf dem Büel sind wohl einst als Schattenbäume für das Vieh gepflanzt worden. Das Baumensemble ist gemäss kantonalem Bauminventar als landschaftsprägend eingestuft und soll der Nachwelt erhalten bleiben (siehe Beitrag in der Appenzeller Zeitung vom 18. Juli, «Mit der Baumzählerin unterwegs»). Doch alle Pflanzen weisen Anzeichen der Krankheit Eschenwelke auf. Die Esche wird seit einigen Jahren durch den eingeschleppten Baumpilz geschwächt. Einer der drei Bäume ist bereits unrettbar krank und soll durch eine junge Linde ersetzt werden. Bis diese ihre Aufgabe voll erfüllen kann, dauert es aber noch viele Jahre. Daher ergreift der Baumbesitzer mit Unterstützung der kantonalen Fachstelle Natur und Landschaft Pflegemassnahmen, die das Leben des grössten der drei Bäume verlängern soll. Res Ramsauer schätzt sein Alter auf etwa 80 Jahre. «Ein Blitzschlag hat ihm einen langen Riss zugefügt, der aber wieder überwallt ist.» Solche Verletzungen seien typisch für einen Baum an exponierter Lage. Ist der Schaden grösser, kann es zu Befall durch Pilze kommen, welche nach einiger Zeit eine Fäule verursachen können. Manchmal müssen gefährdete Baumteile mit Gurten und Ketten stabilisiert und gesichert werden.

Verschiedene Schnitttechniken

Bei dieser Esche führt Res Ramsauer aber lediglich einen Entlastungsschnitt durch. «Die tragenden Äste werden dabei partiell entlastet, ohne dass die typische Form der Baumkrone verändert wird.» Je nach Kundenwunsch werden aber auch andere Massnahmen durchgeführt. Mit dem Begrenzungsschnitt bindet er das Wachstum der Baumkrone zurück, mit dem Pflegeschnitt befreit er den Baum von Totholz und Bruchästen. Ein Aufbauschnitt gibt dem Baum seine arttypische Baumkrone zurück. Der Aufwand rechtfertige sich, ist Ramsauer überzeugt. «Die Bäume in unserer Kulturlandschaft haben eine wichtige Funktion. Sie dienen als Wasserspeicher bei grossen Niederschlagsmengen, absorbieren Feinstaub aus der Luft, spenden Schatten, sind Lebensraum für viele gefährdete Vogel- und Insektenarten und bereichern unsere Landschaft.» Er begegnet jedem Baum mit Achtung. Auch ein Grossteil der Baumbesitzer liebe ihre Bäume, stellt er fest. «Für viele Menschen ist der Baum ein Stück ihrer Familiengeschichte.»