Bei einer Umfrage auf Radio FM1 zum Thema Weihnachtsguetzli schwang Heidi Kohler obenaus. Was Backmuffel nicht verstehen können: Die Herisauerin findet diese Tätigkeit entspannend.
Wer weiss, wie nervenaufreibend das Ausstechen und Verzieren von Weihnachtsguetzli sein kann, kommt beim Anblick der Kunstwerke von Heidi Kohler aus Herisau aus dem Staunen nicht heraus. Wie Juwelen liegen die winzigen Gebäcke auf dem Gitter und warten darauf, in gut geschlossenen Dosen aufbewahrt zu werden. Vor Weihnachten werden sie schön verpackt. Die Mutter von vier erwachsenen Kindern erklärt:
«Mir gefallen kleine Guetzli einfach besser und man kann einige Sorten probieren, ohne gleich vollgegessen zu sein.»
Neben ihrer Tätigkeit in einem Atelier hütet sie regelmässig für zwei Tage die Woche ihre Enkelkinder. Nicht zu unterschätzen sei auch ihre Verantwortung als Privatbeiständin.
«Ich bin schon immer gern in der Küche gestanden.»
Das Handwerkliche liegt der gelernten Detailhandelsfachfrau generell. Oft werde sie gefragt, ob sie Köchin, Bäcker-Konditorin sei. «Das Talent liege wohl in der Familie. Schon die Grossmutter hat gerne und gut gebacken.» Für sie habe die Guetzlerei etwas Meditatives, sagt Heidi Kohler.
«Zum Backen läuft oft ein Hörbuch und ich bin stundenlang ganz in die Beschäftigung vertieft.»
Trotz viel Erfahrung missrate auch ihr ab und zu etwas, gibt sie lachend zu. «Letztes Jahr habe ich die Orangenschalen, welche die Anischräbeli weichmachen sollten, in der Guetzlidose vergessen und alles wurde schimmlig.»
Normale Guetzliformen und das übliche Backzubehör sind ihr zu gross, darum hat Heidi Kohler sich ihr eigenes Werkzeug geschaffen. Verwendet wird, was sich im Haushalt grad so findet. Die runden Spitzbuben sticht sie mit einem leeren Tablettenröhrchen aus. Für die noch kleineren Kreislein beim Deckelchen verwendet sie eine Niete. Die herkömmlichen Backpinsel sind ihr viel zu grob, sie arbeitet lieber mit feinen Künstler-Malpinseln. Zum Dekorieren und Abfüllen dient eine lange Pinzette.
In der letzten Oktoberwoche hat sie angefangen mit der Guetzlerei. Einen Monat später füllt sie die unterdessen zirka 50 Sorten sorgfältig in Guetzlisäckli ab, welche wiederum individuell kunstvoll «gemäschelt» werden. Nachdem alle Guetzli ihre erfreuten Empfänger erreicht haben, mache sie eine Woche Pause. Danach gehe es noch in den Endspurt für die ungefähr letzten 20 Sorten. Als erstes Gebäck stellt sie das lang haltbare Biberkonfekt her. Dann folgen die Sorten, welche, wie etwa Vanillekipferl, durch das Lagern besser werden, so Kohler.
«Spitzbuben, Zitronen-Muskat-Sterne lassen sich gut vorbereiten und backen.»
Gefüllt werden sie allerdings erst ganz am Schluss, damit sie von der Confi nicht weich werden. Es versteht sich fast von selbst, dass bei ihr auch die Confi hausgemacht ist. «Weil ich das ganze Jahr backe, habe ich eigentlich immer die meisten Zutaten zu Hause.» Sie profitiere, wenn immer möglich, von Aktionen und lagere sie im kühlen Keller.
Die Rezepte für die Weihnachtsguetzli hat Heidi Kohler über die Jahre aus Heften und Büchern zusammengetragen. In der Regel halte sie sich exakt an die angegebenen Zutaten und Mengen. Manchmal probiert sie aber auch Varianten, indem sie die Grundbasis mit anderen Zutaten mischt. Immer wieder entdeckt sie etwas Neues. In letzter Zeit habe sie vermehrt deutsche Rezepte ausprobiert.
«Die Deutschen machen viele Guetzli mit Marzipan und das habe ich sehr gerne.»
Ihrem Umfeld haben es die Sablés und Spitzbuben besonders angetan. Und auch die mit Schokolade überzogenen Cornflakes seien sehr beliebt. In der Regel halte sie sich an die Rezepte, doch ab und zu probiere sie etwas Eigenes aus.
Bei den Formen, Füllungen, Grössen und Dekorationen der Weihnachtguetzli lässt Heidi Kohler ihrer Fantasie und Kreativität meist freien Lauf. Früher habe sie noch vermehrt Pralinés angefertigt. Doch diese seien wegen der Schokolade schwierig zum Aufbewahren und Verpacken. «Aus Schokolade giesse ich seit einigen Jahren lieber Osterhasen.»
Wie die professionellen Confiseure ist auch Heidi Kohler der Zeit immer etwas voraus. Wenn die letzten Guetzli verpackt und verschenkt sind, geht es, etwa einen Monat später, bereits an die Produktion der Osterhasen.
Eines der Lieblingsguetzli von Heidi Kohler ist ein Rezept aus einem alten Kochbuch. Klassischerweise werden aus dem Teig Tierformen ausgestochen.
Zutaten: 200 g Mehl, 100 g Kartoffelmehl, 1 gehäufter Teelöffel Backpulver, 150 g in Flocken geschnittene Butter oder Margarine, 100 g Zucker, 1 Ei, 1 Esslöffel feingehackte Mandeln oder Haselnüsse, je eine kleine Prise Ingwer, Muskatnuss und Salz, nach Bedarf ganz wenig Milch.
Zubereitung: Mehl und Kartoffelmehl zusammen mit Backpulver sieben und im Kranz in die Teigschüssel geben, dann die übrigen Zutaten dazugeben und mit kühlen Händen rasch einen Teig kneten. Von der Milch nur nach Bedarf teelöffelweise zugeben, damit der Teig nicht zu feucht wird. Den Teig kurze Zeit auskühlen lassen, dann bleistiftdick auswallen und davon Tierformen ausstechen. Auf gefettetem, bemehltem Blech bei mittlerer Hitze hellgelb backen. Nach dem Backen die Tierchen mit Zuckerglasur überziehen, Schäfchen mit weisser Zuckerglasur, Rehlein und Hasen mit brauner Schokoladeglasur, Säuli mit rosa gefärbter Zuckerglasur. Für diese gibt man zur Zuckerglasur einige Tropfen rote Speisefarbe oder rohen Randensaft.
Wer es natürlicher mag, bestreicht die Tierlein nach dem Ausstechen mit verklopftem Eiweiss und dekoriert mit halben Mandeln, einigen Pinienkernen oder einem halben Baumnusskern. Die Guetzli anschliessend bei mittlerer Hitze goldgelb backen. (ker)