BAZENHEID: Freilegung der Secco–Malereien

Im Februar liess die st. gallische Denkmalpflege die Risse an Wand und Decke im historischen Gewölbekeller des Bolt-Hauses in Unterbazenheid auskitten und einen Teil der wertvollen Secco-Malereien neu freilegen.

Josef Moser *
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Bewaffneter Kriegsknecht.

Bewaffneter Kriegsknecht.

BAZENHEID. Im Gewölbekeller des Bolt-Hauses nahe der St. Laurenzius-Kapelle erkennt der Besucher an der Ostwand – getrennt durch eine niedrige Türöffnung – links ein Totengerippe mit Stundenglas und rechts einen Kriegsknecht sowie etwas weiter gegen die Nordwand hin gerückt im Bereich der Eingangstüre ein griechisches Kreuz neben einem Fisch.

Je eine Frauengestalt flankiert die südliche Fensteröffnung. An der linken Hälfte der Westwand lässt sich eine Kreuzigungsszene ausmachen. Pflanzliche und ornamentale Rankenmotive beleben Wände und Decken. Perspektivisch angelegte Architekturmalerei umrandet die figürlichen Motive, wobei in Teilen der Sockelzone später aufgemalte imitierende Quadersteine die Figuren teils verdecken und den Raum neu gliedern.

Zeugnis des Söldnerwesens

Der Gewölbekeller wurde möglicherweise als Sakralraum während der Reformation genutzt, weil damals der grösste Teil der Unterbazenheider zum neuen Glauben übergetreten war und die noch verbliebenen Altgläubigen eine Ausweichmöglichkeit haben mussten für ihren Gottesdienst.

Die Kreuzigungsszene mit Maria und Johannes erscheint in diesem Zusammenhang als Indiz für ein mögliches Altarbild, welches in dieser Art 1644 vom Wiler Maler Ulrich Rysse für die benachbarte Kapelle auf Leinwand wieder aufgenommen wurde.

Denn während der Bilderstürme 1527 blieb auch die benachbarte Kapelle nicht verschont. Ausserdem ist das Alter der figürlichen Malereien auf die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts festgesetzt, also in die Zeit der genannten religiösen Unruhen. Kreuz und Fisch bei der Eingangstüre deuten darauf hin, dass der Raum einst geweiht gewesen sein könnte. Das Totengerippe, welches dem Kriegsknecht das Stundenglas entgegenhält, mahnt diesen zu einem christlichen Leben.

Eine motivgleiche Darstellung in Grisaille-Malerei um 1511 beherrscht die Wohnstube des Abtes David von Winkelsheim im ehemaligen Kloster St. Georg in Stein am Rhein. Die Bildnisse der beiden Frauen sind ungeklärt. In der Frau unter der weissen Haube wird die Ehefrau des Kriegsknechtes gesehen, die ihm zwar nicht gegenübersteht, wohl aber zu ihm hinschaut, während die leicht bekleidete Frau sich als seine Geliebte in Szene setzt. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Unterbazenheider Hauptmann Hans Germann zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit vielen Toggenburgern, darunter auch Bazenheidern, in französischen Diensten als Söldner unterwegs war. Das tragende Mauerwerk, dessen Datierung unmöglich ist, besteht aus einheimischen Bruch- und Kieselsteinen. Darüber erheben sich gestrickte Gebäudeteile aus verschiedenen Bauphasen, sicher auch aus dem 18. Jahrhundert. Ihre Vorstösse wurden einst entfernt.

Behauene Tuffsteine – wohl aus dem Bruch an der Thur in Unterbazenheid – stabilisieren Türöffnungen und Nischen. Zudem bilden sie die Substanz der Decke mit einer Dicke von 20 bis 25 Zentimeter. In die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts weist ein dendrochronologisches Gutachten von 1995 in Bezug auf drei Unterzugsbalken, gemäss Felix Walder, Dendrochronologe für Archäologie der Stadt Zürich. Die Dendrochronologie ist eine Datierungsmethode der Geowissenschaft, der Archäologie, der Kunstwissenschaft und der Dendroökologie, bei der die Jahresringe von Bäumen anhand ihrer unterschiedlichen Breite einer bestimmten, bekannten Wachstumszeit zugeordnet werden.

Zwei Blickwinkel

Bereits im Sommer 2013 arbeiteten zwei Studentinnen der Hochschule der Künste Bern im Gewölbekeller des Bolt-Hauses an ihrer Bachelor- beziehungsweise Masterarbeit und präsentierten danach ihre Ergebnisse vor Ort.

Eva Reiser legt den Fokus ihrer Bachelor-Thesis auf das Bildprogramm, die mögliche Entstehungsgeschichte der Malereien, orientierende bauphysikalische Messungen und den Erhaltungszustand, während die Master-Thesis von Corinne Vorholz Untersuchungen über die Konservierungsmöglichkeiten der Wandmalereien aufzeigt.

* Autor Josef Moser ist Dorfchronist in Bazenheid.

Totengerippe mit Sanduhr.

Totengerippe mit Sanduhr.

Vermeintliche Geliebte.

Vermeintliche Geliebte.

Bolt-Haus mit gemauertem Westteil, darin der Gewölbekeller mit den Secco-Malereien aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. (Bilder: Josef Moser)

Bolt-Haus mit gemauertem Westteil, darin der Gewölbekeller mit den Secco-Malereien aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. (Bilder: Josef Moser)