BÄCHLI: «Stilli Zärtlichkeite» füllt die Säle

Am letzten Wochenende gab das Ensemble des Jodelmusicals «Stilli Zärtlichkeite» in Burgdorf zwei Vorstellungen. Auch an der dritten Station der Tournee durchs Schweizer Mittelland war der Saal ausverkauft.

Michael Hug
Drucken
Drehbuchautor und Komponist Ruedi Roth muss im Musical auch tanzen, hier mit der Berner Jodlerin Barbara Klossner. (Bilder: Michael Hug)

Drehbuchautor und Komponist Ruedi Roth muss im Musical auch tanzen, hier mit der Berner Jodlerin Barbara Klossner. (Bilder: Michael Hug)

Michael Hug

redaktion

@toggenburgmedien.ch

«Stilli Zärtlichkeite» ist im Toggenburg entstanden. Das Jodelmusical ist ein Erfolg. Mit den beiden Zusatzvorführungen in Burgdorf wurde das Endziel von 10 000 verkauften Tickets bei einem Drittel der Spielzeit bereits erreicht. Das Toggenburger Tagblatt sprach mit dem Komponisten, Drehbuchautor und Co-Organisator Ruedi Roth.

Herr Roth, wie läuft es mit Ihrem Musical «Stilli Zärtlichkeite»?

Über Erwartung gut, wir haben ein hervorragendes Echo vom Publikum und gute Presse, das ist natürlich sehr motivierend für uns alle. Die Leute wussten ja nicht so genau, was sie erwarten konnten, und genau die, die keine Erwartungen hatten, sind positiv überrascht.

Wie läuft der Ticketvorverkauf?

Wir haben letzte Woche an den Vorstellungen in Burgdorf auf das Zehntausendste im Vorverkauf verkaufte Ticket angestossen. Das war das Ziel, das wir eigentlich bei der letzten Vorstellung erreichen wollten. Das heisst auch, dass wir die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens jetzt schon erreicht haben. Das Wagnis hat sich gelohnt.

Hat das neue Genre sein Publikum gefunden?

Ja sicher. Ein Journalist hat geschrieben: «Ruedi Roth hat in der Szene wohl einen Markstein gesetzt, indem er es möglich gemacht hat, Jodelgefühle unter die Leute zu bringen.» Ich glaube, das ist der Kern der Sache – dass die Leute, auch Nichtjodler und solche die mit dem Jodeln oder Volksmusik überhaupt nichts am Hut haben, deswegen überrascht und begeistert sind, weil ihre Gefühlswelt angesprochen wird.

Hat Ihr Konzept gehalten, was es versprochen hat?

Es hat rundum «verhebet». Die Einbindung der örtlichen Jodelclubs hat uns viele Zuschauer gebracht. Wir haben auch Jodlerinnen und Jodler aus verschiedenen Regionen der Schweiz ausgesucht, um damit ihre Dialekte ins Spiel zu bringen. Auch das hat sich bewährt. Das ganze Land ist auf der Bühne vertreten, und das kommt gut an an den Orten, an denen wir spielen. Auch diese Orte haben wir ganz bewusst ausgesucht. Es sind Dörfer und Kleinstädte auf dem Land, wo die Tradition des Jodelns eher ankommt.

Worauf führen Sie den Erfolg zurück?

Emotionen werden geweckt, Gefühle und Erlebnisse aus dem eigenen Leben werden real erzählt und mit passenden Melodien garniert. Die Geschichte ist kurzweilig, es ist Zug drauf, es passiert ständig etwas. Leute aus dem Publikum haben mir hinterher gesagt: «Ich konnte nicht mal etwas trinken, so schnell ging es vorwärts.»

Sind Sie stolz, dass diese Innovation im Unterhaltungsmarkt aus dem Neckertal kommt?

Ernst Müller hat mal zu mir gesagt: «Du komponierst Neckertaler Lieder.» Damit meinte er, dass meine Kompositionen nach Neckertal tönen, weil ich von hier bin. Er meinte auch, dass es neben einer Appenzeller und Toggenburger Jodeltradition eben auch noch eine aus dem Neckertal gibt. Ich bin schon etwas stolz darauf, dass das Musical aus Hemberg kommt, aber ich bin ja nicht der Einzige der dazu beiträgt. (Anmerkung der Redaktion: Ernst Müller ist ein ehemaliger Wirt und Musiker.)

Es wurden bisher acht Vorstellungen gespielt. Wie geht es jetzt weiter?

Es geht planmässig weiter mit der Tournee, es sind noch acht Orte mit 22 Vorstellungen vor uns. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine destruktive Routine verfallen. Man darf nicht denken: «Wir können’s ja!» Wir müssen uns also jedes Mal wieder voll in die Rollen begeben und alles andere vergessen. Ansonsten wird nichts geändert.

Und darüber hinaus, gibt es eine Verlängerung der Spielzeit?

Zwei Zusatzvorstellungen sind aufgegleist, eine davon ist in Herisau im März. Eine Verlängerung ist nicht geplant, auch eine Wiederaufnahme nicht. Wir haben alle auch noch andere Projekte, einen Hauptberuf oder sonstige bereits abgemachte Termine im nächsten Jahr. Es kommt vorläufig auch nicht in Frage, eine zweite Tournee selbst zu organisieren. Aber wenn uns jemand engagiert und alles organisiert, sind wir verhandlungsbereit.

Angeblich interessiert sich auch das Schweizer Fernsehen für das Musical.

Ja. Sie werden eine Vorstellung ansehen und dann entscheiden, ob eine Vorstellung aufgezeichnet und irgendwann an einem Samstagabend ausgestrahlt wird.

Warum wird das Musical nicht in den grossen Städten gespielt?

Das war nie geplant. Wir fanden, wir sollten auf dem Land spielen, weil da die Leute eher der Tradition verbunden sind. Das Risiko, städtische Säle füllen zu müssen, war uns zu gross. Man muss bedenken, dass unser Verein das ganze finanzielle Risiko trägt. Das heisst, viele Vorleistungen mussten aufgewendet werden, unter anderem auch die Miete der Säle.

Haben Sie weitere Projekte in der Pipeline?

Ich plane zurzeit Jodelschifffahrten mit Erwin Bertschy, der auch beim Musical Co-Organisator ist. Ich möchte aber gerne wieder mal ein Musical machen, Ideen sind da, aber nur im Ansatz. Wir haben im Dezember eine Vereinssitzung. Da wird besprochen, was und ob wir danach etwas machen werden. Wir könnten auch den Verein auflösen und es dabei bleiben lassen, daran glaube ich aber nicht.

Sie leiten drei Jodelchöre, haben Sie noch Zeit dafür?

Es ist besser geworden als in der Planungsphase des Musicals. Jetzt habe ich wieder mehr Zeit für sie und das schätze ich auch.

Sie haben Ihr Leben in den vergangenen drei Jahren komplett umgestellt, wie kommen Sie damit zurecht?

Sehr gut. Ich fühle mich da angekommen, wo ich hingehöre: Beim Gesang, Schauspiel, Organisieren, Komponieren, Schreiben, Gefühle wecken, frech und ungehemmt. Ich fühle mich wohl in meinem Leben, ich habe das Glück halt schon ein wenig gepachtet.

Woher kommen Ihre Inspirationen?

Aus meinem eigenen Leben. Ich erinnere mich an meine guten und unguten Gefühle, die ja jeder andere auch hat, ich bin ja keine Ausnahme. Ich kann mir auch ungute Gefühle vorstellen, obwohl ich bisher ein gutes Leben hatte.

Sie haben das Bauern aufgegeben, fehlt es Ihnen nicht?

Nein, dank dem, dass ich so viel anderes zu tun habe. Die Freude am Land habe ich schon noch, Bergwanderungen sind schon noch schöner wenn es «Vech» auf den Wiesen hat. Und ich schaue schon noch über den Hag und mache mir Gedanken über die Landwirtschaft. Auf gewisse Weise lässt sich das Bauern mit dem, was ich jetzt mache, vergleichen. Es sind beides unabhängige Berufe, man ist sein eigener Chef und niemand sagt am Morgen, was zu tun ist.

Was machen Sie als Nächstes?

Jetzt habe ich den Kopf nicht frei, aber es geht nicht mehr lange, dann bauen sich meine jetzigen Aufgaben ab, und dann blicke ich wieder durch. Intensivieren will ich die beiden Projekte «Wandern & Jodeln» und die Jodelflussfahrten. Ich schreibe sicher wieder einmal ein Drehbuch, das könnte ich mir vorstellen. Und das Komponieren werde ich auch wieder intensivieren.

Heben Sie bei all diesen Erfolgen nicht ab?

Ich bin stolz drauf, dass meine Leidenschaften so ein Echo haben, dass ich machen kann, was ich gerne will, und dass es Erfolg hat. Aber es ist mir wichtig, bodenständig zu bleiben, darum behalte ich meine Chöre und meine Engagements, die ich schon vor dem Musical hatte. Ich werde trotzdem mit dem Heimetchörli nach der Probe einkehren und möglichst bis um zwei hocken bleiben. Ich will auch mein Jodelchörli Am Pfäffikersee behalten, obwohl ich zur Probe jedes Mal ein Stunde fahren muss. Aber diese Sachen halten mich am Boden, da geht es um Traditionen, das ist für mich Leben. Ich bin halt total den Traditionen verbunden.

«Stilli Zärtlichkeite»

Das Jodelmusical kehrt in die Ostschweiz zurück und wird am 18. und 19. März 2017 viermal im Casino Herisau aufgeführt.

Spielzeiten und Ticketvorverkauf: www.jodelmusical.ch