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An einer Podiumsdiskussion am Mittwoch diskutieren Vertreterinnen und Vertreter des WWF, des Imker- und Bauernverbands über den Erhalt der Biodiversität.
«Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn zusätzliche Stühle in den Saal gebracht werden müssen», sagte Ruedi Angehrn am Mittwoch im Hotel Hecht in Appenzell. Angehrn hatte als Präsident des Naturverbundes Appenzell Innerrhoden zur Podiumsdiskussion «Artenvielfalt, Gestalten und Erhalten» eingeladen.
Der Naturverbund Appenzell Innerrhoden, gegründet im Jahr 1990, setzt sich aus neun Organisationen zusammen. Auch der WWF, der Imkerverband und der Bauernverband AI gehören dazu. So nahmen Mila Yong, Projektleiterin des WWF Appenzell, Imker und ehemaliger Präsident des Imkerverbandes Richard Wyss und Walter Mock, Präsident des Innerrhoder Bauernverbandes, an der Diskussion teil. Im grossen Publikum fanden sich mit Ruedi Ulmann, Stefan Müller und Ruedi Eberle Mitglieder der Standeskommission.
Ruedi Angehrn sagte, das Thema des Artenschutzes sei omnipräsent. Auch politisch wird das Thema relevant: An der kommenden Session am 6. Dezember wird der Grosse Rat eine Revision des Jagdgesetzes diskutieren. Es sollen nicht nur die gesetzliche Grundlage für Wildruhegebiete, sondern auch neu vier Schutzzonen geschaffen werden. Der Naturverbund, dessen Mitglieder sich teilweise bereits im Vernehmlassungsprozess äusserten, spricht sich nun gegen diese vier Zonen aus. Angehrn sagte am Mittwoch: «Es zeichnet sich eine unheilige Allianz ab zwischen jenen, die keine Wildruhegebiete wollen, und uns, die eine grössere Fläche fordern.»
WWF-Projektleiterin Mila Yong eröffnete die Diskussion und erklärte:
«Um die Artenvielfalt der Schweiz steht es ziemlich schlecht, auch im Vergleich mit anderen europäischen Ländern.»
Zahlen des Bundesamtes für Umwelt belegten, dass 30 Prozent der einheimischen Arten und 50 Prozent der Lebensräume gefährdet sind. Die Gründe seien vielfältig: Das Ausdehnen der Siedlungsflächen, die intensive Boden- und Gewässernutzung durch die Landwirtschaft oder die Ausbreitung invasiver Arten. Yong sagte: «Die Natur ist ein System aus Millionen von Arten. Je mehr Arten wir verlieren, desto fragiler wird das System.»
Richard Wyss war als ehemaliger Präsident des Imkerverbandes eingeladen. Er sprach darüber, wie Bienen mitunter durch bestimmte Erntetechniken bedroht werden. Das Problem seien die Trommelmäher mit Aufbereiter, welche das Heu mähen und direkt in ordentliche Linien bündeln. Das Mähen mit dem Aufbereiter töte drei Bienenvölker pro Hektar, so Wyss. Auch andere Tierarten seien betroffen. Darum sollte der Aufbereiter sparsam eingesetzt werden, nur vor 7 Uhr morgens oder 7 Uhr abends mit ihm gemäht werden. «Mit fünf Rappen Rücksicht könnten wir sehr viel erreichen.»
Walter Mock liess jedoch den Vorwurf, dass die Landwirtschaft schuld am Verlust der Artenvielfalt schuld sei, nicht gelten. Der Präsident des Innerrhoder Bauernverbands sagte:
«Alle haben dazu beigetragen, darum ist es auch an uns allen, die Artenvielfalt zu schützen.»
Die Grünlandwirtschaft, welche in Innerrhoden weit verbreitet sei, sei nur wenige Schritte vom Biostandard entfernt. Auch leisten Höfe einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt, etwa indem sie mehr Ausgleichsfläche, also Lebensraum für heimische Flora und Fauna, halten als vorgeschrieben wäre.
Auf dem Podium wurde auch über den Tourismus, die Unterstützung von Bauern durch den Bund oder den Wolf gesprochen. Die Anwesenden des Kantons kamen ebenfalls zu Wort. So erklärte etwa Landeshauptmann Stefan Müller die schweizweite Förderung von Biodiversität in der Agglomeration. Und Bauherr Ruedi Ulmann rechtfertigte ein Projekt des Kantons, wo eine Wiese an der Hinteren Rüti zum Gewerbe- und Industriegebiet werden soll.
Zum Schluss bedankte sich Ruedi Angehrn bei den Gästen und dem Publikum für die Diskussion. «Ich bin sicher, wir könnten bis Mitternacht darüber reden.» Den Geschenkkorb mit regionalen Spezialitäten könne er aber nicht überreichen – dieser sei schlicht zu schwer.