Die Fachzeitschrift Vinum hat dieser Tage die Resultate des von ihr durchgeführten «Swiss Wine List Award» bekannt gegeben. Auch im Appenzellerland gibt es einige ausgezeichnete Betriebe. Nicht alle sind zufrieden mit ihrer Bewertung.
Karin Erni
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Für den «Swiss Wine List Award» suchte das Weinmagazin «Vinum» die besten und ambitioniertesten Weinkarten der Schweiz. 253 Karten wurden eingereicht. 181 davon erreichten die Finalrunde. Bewertet wurde in fünf Kategorien: «Bars & Clubs», «Design und Szene», «Gehobene Küche», «Gourmet & Sterne» und «Gutbürgerliche Küche». Das Maximum von fünf Sternen erreichte kein Betrieb aus dem Appenzellerland. Zwei Lokale der Kategorie «Gourmet & Sterne» erhielten vier Sterne: Das «Incantare» im Gasthaus zur Fernsicht in Heiden und das Restaurant Zum Gupf in Rehetobel. Mit drei Sternen wurden das Hotel Heiden und das Restaurant Urnäscher Kreuz in der Kategorie «Gehobene Küche» ausgezeichnet. Das Gasthaus zur Post in Rehetobel hat gleich zwei Auszeichnungen erhalten. Neben drei Sternen für die Weinkarte gab’s einen Spezialpreis für die beste Spirituosenauswahl. Die Gastgeber der «Post» sind jedoch weggezogen und haben im Bündnerland eine neue Wirkungsstätte gefunden.
Wenig Freude am Resultat des Wettbewerbs hat Kellermeister Hans Rhyner vom «Gupf» in Rehetobel und Herr über 3000 Weinpositionen. Ihm scheinen die vier Sterne nicht angemessen. «Es zeigt, dass solche Auszeichnungen eine oberflächliche Sache sind. Wir haben nach dem Park-Hotel Vitznau mit 30000 Flaschen den grössten Weinkeller der Schweiz und verfügen über die besten Weine der Welt.» In internationalen Rankings sei der «Gupf» jeweils unter den besten 700 Betrieben weltweit gelistet. Rhyner macht die «Häfeli- und Deckeli»-Politik in der Jury dafür verantwortlich. Der Titel des Wettbewerbs sei zudem irreführend, denn es sei vor allem der Schweizer Wein auf der Karte bewertet worden, so Rhyner. Diesem attestiert er durchaus eine Berechtigung. Es sei qualitativ viel gemacht worden. Das Problem seien jedoch die Mengen: «Von gewissen Bündner Winzern ist der Wein bereits nach zwei Tagen ausverkauft.» Gemäss Wettbewerbsausschreibung der Zeitschrift «Vinum» ist nicht der Umfang des Weinkellers entscheidend. «Oftmals brachte eine klare Struktur im Aufbau der Weinkarte den entscheidenden Vorteil für das Siegertreppchen.» Die Beurteilung werde durch eine 25-köpfige Fachjury vorgenommen. Deren Zusammenstellung erfolge unter Beachtung und Berücksichtigung der nationalen Sprachregionen.
Geschäftsführer Tobias Funke ist verantwortlich für die Weinkarte der «Fernsicht». Er freut sich über die Auszeichnung. «Wir konnten uns gegen viele grosse und renommierte Betriebe durchsetzen. Nur acht sind besser als wir. Es ist eine Bestätigung, dass wir den Nerv der Zeit getroffen haben mit unserer Weinauswahl.» Weil die «Fernsicht» erst seit zwei Jahren bestehe, sei der Weinkeller noch relativ jung, so Funke. «Noch nicht alle Weine haben bereits ihr volles Potenzial erreicht.» Er werde weiterhin an der 1000 Positionen umfassenden Weinkarte arbeiten, doch nicht um des Wettbewerbs willen. «Für uns zählt in erster Linie das Feedbacks des Gastes.»
Im Wettbewerb war unter anderem der Anteil von Schweizer Weinen auf der Karte ein Kriterium. Dieser ist auf der Karte der «Fernsicht» gut vertreten. «Die Schweizer Winzer machen einen super Job», sagt Funke. «Im gutbürgerlichem Restaurant, wo wir eine Swiss Alpine Food Küche zelebrieren, möchten wir in Zukunft nur noch Schweizer Weine anbieten.»
Obwohl «nur» mit drei Sternen ausgezeichnet, freut sich Christian Oertle vom «Urnäscher Kreuz» über die Auszeichnung. «Es zeigt, dass wir einiges richtig machen.» Für den Absolventen der Schweizerischen Sommelierfachschule ist Wein Hobby und Beruf in einem. Er besucht viele Winzer persönlich und kauft bei ihnen Spezialitäten ein. Oertle setzt auf Beratung: «Unsere Gäste lassen sich gerne den passenden Wein zum Essen empfehlen.»
Freudig überrascht über die drei Sterne ist Vizedirektorin Debora Brägger, die zusammen mit dem Gastgeber Erich Dasen für den Weineinkauf im Hotel Heiden zuständig ist. «Wir haben im letzten Herbst unsere Weinkarte komplett umgestellt.» Sie hätten alle Weine aus der neuen Welt von der Karte genommen und setzten nun ganz auf Weine aus der Region und Europa, so Brägger. «Es gibt hier so viele gute Weine, da muss man sie nicht um die halbe Welt transportieren.»
Alle Testresultate unter: www.vinum.info