Auf einer Tour durch alle Kantone macht der Pavillon «Niklaus von Flüe – Unterwegs» morgen in Appenzell und kurz darauf in Heiden Halt. Das Projekt soll mehr sein als nur eine Ausstellung über den Einsiedler.
Roger Fuchs
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Mit einem mobilen Pavillon will man in diesem Jahr das Wirken von Niklaus von Flüe, auch bekannt als Bruder Klaus, zu den Menschen hinaustragen. Während einer kriegerischen Zeit vor 600 Jahren ist er in Flüeli-Ranft bei Sachseln in eine wohlhabende Bauernfamilie geboren worden. Mit 47 gerät er in eine Sinnkrise. Er entscheidet sich im Einverständnis mit seiner Frau zu einem Leben als Einsiedler und wird im Verlauf der Zeit zu einer weit über die Region hinaus bekannten identitätsstiftenden Persönlichkeit. «Das 600. Geburtsjahr bietet die Möglichkeit, Niklaus von Flüe neu zu entdecken», sagt Irene Nanculaf, Projektleiterin des mobilen Pavillons «Niklaus von Flüe – Unterwegs». Hinter sämtlichen Feierlichkeiten steht ein Trägerverein.
Ende Juni war Tourstart des Pavillons. In den nächsten drei Monaten wird er in sämtlichen Schweizer Kantonen und im Fürstentum Liechtenstein Halt machen, morgen Dienstag steht er in Appenzell, am 8. und 9. Juli in Heiden. Im Ausserrhoder Kurort wird rund um diesen Besuch ein Rahmenprogramm stattfinden (siehe Kasten).
«Niklaus von Flüe – Unterwegs» kommt nicht als gewöhnliche Ausstellung daher, sondern vielmehr als mobiles Erlebnis, wie Irene Nanculaf ausführt. Besucherinnen und Besucher durchlaufen im Pavillon während einer halben Stunde verschiedene Phasen. Im Fünfminutenrhythmus wechseln sie von einem Raum zum nächsten. Während der Gast in einer ersten Phase einfach wartet und beginnt, sich auf seine Gedankenwelt zu konzentrieren, werden ihm in einer späteren Phase Smartphone, Portemonnaie und Schuhe abgenommen. «Ohne jegliche Ablenkung steht man schliesslich in einem abgedunkelten Raum Niklaus von Flüe gegenüber», sagt Nanculaf. In einer letzten Phase soll das Erlebte reflektiert werden. Eindrücke und Gedanken können notiert werden. Sämtliche Aufzeichnungen werden gemäss der Projektleiterin in einer Zeitkapsel versiegelt und diese soll dann in hundert Jahren beim 700-Jahr-Jubiläum von den Nachfahren geöffnet werden.
Definitiv nicht geschaffen ist diese Art von mobilem Erlebnis für einen Massenansturm. Nur alle fünf Minuten kann eine Person starten. Pro Stunde können demnach zwölf Personen durchgeschleust werden. Wie Irene Nanculaf sagt, soll bei grossem Andrang die Möglichkeit bestehen, sich vorgängig vor Ort ein Zeitfenster reservieren zu lassen.
Idee hinter diesem ganzen Projekt ist es, die Menschen zu animieren, über sich selbst und auch darüber nachzudenken, was ihnen im Leben wichtig ist. Gemäss Irene Nanculaf ist es gerade Niklaus von Flüe wie keinem anderen gelungen, zeitlose Werte zu schaffen. Konkret erzählt sie von einem Menschen, der sehr tolerant gewesen sei. Auch gelte Niklaus von Flüe als Friedensbotschafter und er habe die Menschen stets animiert, aufeinander zuzugehen und aufeinander zu hören. 1481 hat er die Eidgenossenschaft vor einem Auseinanderbrechen wegen des Stadt-Land-Konflikts bewahrt. «In der heutigen Zeit würde man von einem Mediator sprechen», sagt Nanculaf.
Lebens- und Wirkungsort von Niklaus von Flüe als Einsiedler – die sogenannte Ranftschlucht – ist bis heute das ganze Jahr über ein Magnet für Gläubige und Touristen. Immer vor Weihnachten versammeln sich dort auch Hunderte von Jugendlichen beim traditionellen Ranfttreffen. Durchaus einen Besuch wert ist zudem das Museum Bruder Klaus in Sachseln. Niklaus von Flüe wurde 1947 heiliggesprochen.