APPENZELL: Ex-Angestellte zerpflückt Spitalstrategie

Der Grosse Rat hat gestern Berichte zur Spitalstrategie diskutiert. Aufgefallen ist Grossrätin Rahel Mazenauer, ehemals leitende Hebamme am Spital. Ihrer Ansicht nach muss der Kanton kein Spital mehr betreiben.

Roger Fuchs
Drucken
Rahel Mazenauer (Appenzell) nimmt an ihrer letzten Session als Grossrätin kein Blatt vor den Mund. (Bilder: Roger Fuchs)

Rahel Mazenauer (Appenzell) nimmt an ihrer letzten Session als Grossrätin kein Blatt vor den Mund. (Bilder: Roger Fuchs)

Roger Fuchs

roger.fuchs@appenzellerzeitung.ch

Rahel Mazenauer gehörte im Jahr 2012 zu jenen sechs Hebammen, die wegen der Schliessung der Gebärabteilung am Spital Appenzell ihren Job verloren. Gestern sparte sie nicht mit Kritik, als im Grossen Rat die Berichte der Standeskommission und des Spitalrates zur Spitalzukunft debattiert wurden. Angepeilt wird ein Ambulantes Versorgungszentrum mit kleiner stationärer Abteilung (AVZ+). «Für ältere Menschen ist dieses Versorgungszentrum nicht geeignet, da diese Menschen oft eine lange Krankengeschichte vorweisen und in einem Zentrumsspital operiert werden müssen», so Mazenauer. Was das geplante Leistungsangebot betrifft, kritisierte sie das breite Spektrum an Disziplinen. «Eigentlich für jeden etwas», sagte Rahel Mazenauer. «Mit der heutigen Spezialisierung sehe ich hier aber in Zukunft Probleme.» Schliesslich sorgt sie sich auch um die künftige Personalrekrutierung und fragt sich, mit wem man eigentlich die notwendigen Kooperationen eingehen wolle. Versuche mit dem Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden und dem Kantonsspital St. Gallen seien gescheitert. Aus Sicht von Rahel Mazenauer braucht der Kanton kein Spital mehr zu betreiben.

Eine Spitalschliessung oder der Verkauf waren im Rahmen der Strategiediskussionen durchaus ein Thema, wie Frau Statthalter Antonia Fässler ausführte. Die Schliessung wäre aber ein grosser Verlust für das Innerrhoder Volk. Was man als kleiner Kanton selbstständig umsetzen könne, soll man auch machen. Was den Verkauf betrifft, so sind die Standeskommission und der Spitalrat der Meinung, dass es nicht zu den Innerrhodern passen würde, wenn eine Privatklinikgruppe für sie das Spital betreiben würde. Natürlich birgt die Zukunft gemäss Antonia Fässler unternehmerische Risiken. Doch wolle man diese umgehen, dann bleibe tatsächlich nur die Schliessung. Was Mazenauers Votum bezüglich der älteren Menschen betrifft, verteidigte Frau Statthalter mit der Aussage, man könne dies nicht einfach verallgemeinern.

Unterstützung für die geplante Stossrichtung gab es von der Sozial- und Gesundheitskommission (Soko), wie deren Präsident Herbert Wyss festhielt. «Wir beurteilen das «AVZ+» als zukunftsfähig.» Eine Herausforderung sei es, bis man die Patienten einmal hier habe. Doch wer das Spital Appenzell in der Vergangenheit genutzt habe, sei sehr zufrieden gewesen. Wie der Spitalrat und die Standeskommission unterstützt auch die Soko eine Kooperation mit mehreren Partnern statt nur mit einem Grossen. Weitere Redner wie die Grossratsmitglieder Vreni Kölbener, Franz Fässler, Thomas Mainberger, Karl Schönenberger, Ueli Manser, Ruedi Eberle oder Reto Inauen signalisierten sodann ihr Verständnis für den eingeschlagenen Weg. Ganz ohne weitere Überzeugungsarbeit geht es aber nicht. Schönenberger beispielsweise fürchtet sich vor dem wiederkehrenden Betriebsdefizit, Kölbener fragt sich, wie Überraschungen bei der Weiterarbeit vermieden werden können. Nach der Parlamentsdebatte wird nun eine konkrete Vorlage für das «AVZ+» ausgearbeitet. Notfall- und Rettungsdienst werden darin integriert.

Spitalversorgung von Oberegg in Heiden

Grossrat Matthias Rhiner brachte die Situation seines Bezirks Oberegg aufs Tapet. Über die Spitalliste wird für die Oberegger der Zugang zu den medizinischen Leistungen am Spital Heiden sichergestellt, war von Antonia Fässler zu erfahren. Bislang hätten sie keine Signale, dass Heiden den Leistungsauftrag nicht mehr erfüllen könne. Wenn dem so wäre, müsste man neue Leistungsaufträge definieren.