Abbruch Ortsbürgerhaus Nesslau

An der Ortsbürgerversammlung vom 8. März in Nesslau wurde nun der Abbruch und Neubau der Liegenschaft Wiese beschlossen.

Christof Deutsch, Nesslau
Drucken
Das Hagmann'sche Haus. (Bild: Serge Hediger)

Das Hagmann'sche Haus. (Bild: Serge Hediger)

An der Ortsbürgerversammlung vom 8. März in Nesslau wurde nun der Abbruch und Neubau der Liegenschaft Wiese beschlossen. Weil die Ortsbürger hier mit dem Hagmann'schen Haus und seinem Hofumbau einen 350jährigen schönen Baukörper aus dem Dorf herausreissen, nur um uns des Geldes Willen mit einer modernen Überbauung zu beglücken, nehme ich nochmals die Schreibfeder in die Hand. Viele gute Gespräche mit Architekten und Ortsbürgern wurden seit letztem Dezember geführt. Ziel dieser Gespräche war es, eine Sanierungslösung zu finden für dieses Gebäude. Die Idee war geboren, und so wollte man an der Versammlung vom 8. März vier Monate Zeit, um die Idee genau zu formulieren und sie mit einem Tag der offenen Tür zu präsentieren. Dies schien uns wichtig, weil viele Ortsbürger sagten, dass sie seit Jahren das Haus nicht mehr betreten haben. Als Nichtortsbürger wurde es mir aber von der Kommission verwehrt, an der Versammlung unser Anliegen zu vertreten. Die Kommission hat die Variante Abbruch durchgedrückt. Weil ich in unseren Breitengraden aber gewohnt bin, dass auch andere Meinungen angehört werden, vertrete ich unser Anliegen halt über die Zeitung. Auch wenn das jetzt zu spät ist. Es ist erstaunlich, dass man eine Sanierung von drei bis vier Millionen Franken nicht finanzieren kann und dann aber doch plötzlich 13 Millionen Franken aufbringt für einen grossen Wurf. Wohlverstanden, dass man beim grossen Wurf nicht einmal die doppelte vermietbare Wohnfläche aus dem Grundstück herausbringt. Wenn die Millionen als Auftragssumme für das Gewerbe locken, so kann man nur darauf hinweisen, dass laut Angaben der Gemeinde beim Neubau des Gemeindehauses 40 Prozent des Auftragsvolumens in Nesslau geblieben sind. Für ein grösseres Vorhaben wie dieses hier sinkt das vielleicht auf einen Drittel. So sind wir wieder bei rund vier Millionen Franken. Das ist in etwa der Betrag der Sanierungsvariante, bei welcher durch Staffelung der Arbeitsvergabe der allergrösste Teil im Dorf bliebe. Die Verschuldung wäre dabei aber um einiges geringer. Anscheinend ist das Haus nicht vom Denkmal- oder Heimatschutz geschützt, weil es mehrere Male umgebaut wurde, und anscheinend ist es so automatisch als «schlagreif» einzustufen. Ich glaube aber, dass man auch ohne Leitlinien von aussen auf sein Bauchgefühl hören darf. Ebenso lasse ich mir gerne Häuser zeigen, welche in 350 Jahren nicht umgebaut wurden. Das aus konstruktiver Sicht sehr robuste Bauwerk hätte mit einer Sanierung zu einem sehr schönen und reizvollen Objekt mit Familien- und Seniorenwohnungen gemacht werden können, finanziell machbar und rentabel in der Bewirtschaftung. Vor allem aber, und das ist die Basis für die Sanierung einer solchen Liegenschaft, ist da eine positive Grundhaltung zu Altbauten und ein Flair dafür nötig. Aufgrund vieler positiver Reaktionen laden wir alle Nesslauer, Ortsbürger und Nichtortsbürger, am Samstag, 7. Mai, zu einer Tasse Kaffee oder Tee beim Ortsbürgerhaus ein. Die Bewohner des Hauses zeigen uns ihre Wohnung, und wir dürfen frei diskutieren, was man auch machen könnte mit alten Bauten ausser abreissen. Es steht ja auch die Frage im Raum, warum ein Privatbesitzer eines schönen Hauses gutes Geld investieren soll für das Ortsbild. Schliesslich zeigt die öffentliche Hand nach dem Abriss des Gemeindehauses und jetzt dem Ortsgemeindehaus, dass Geld und Rendite mehr zählt.