Jede Woche stellen wir Ostschweizer Kulturschaffenden sieben Fragen zu und wollen wissen: Was macht Sie wütend? Wann hassen Sie Ihren Beruf? Was machen Sie in zehn Jahren? Heute mit dem Ausserrhoder Musiker Marius Tschirky. Er produziert gerade ein Hörspiel und übt seine Nicht-Kinderlieder, die er am 26. Mai in der Kellerbühne St.Gallen erstmals live präsentiert.
Marius Tschirky wurde 1976 geboren. Er lebt und arbeitet in St.Gallen und Teufen als freischaffender Musiker und Naturpädagoge. Er ist ausgebildeter Kindergärtner und Mitbegründer des ersten Waldkindergartens der Schweiz. Bekannt ist Tschirky vor allem als Kopf der Kinderband Marius & Die Jagdkapelle. Mit dieser tourt er seit bald 20 Jahren durch die Schweiz und hat mehrere Alben veröffentlicht.
Tschirky macht aber nicht nur Musik für Kinder. Er arbeitet aktuell an einem neuen Soloalbum – mit Liedern für Erwachsene. Der erste Song «Chüe» erschien im Sommer 2022. Mit diesem Soloprojekt knüpft Tschirky an seine Indie-Rock-Vergangenheit an: Vor der Gründung der Jagdkapelle spielte er in Bands wie Swedish oder Monoblond.
Seine neuen Songs präsentiert Tschirky am kommenden Freitag, 26. Mai, erstmals live vor Publikum. Das Konzert findet in der Kellerbühne St.Gallen statt – begleitet wird Tschirky von Thomas Szokody (Akkordeon), Stefan Baumann (Cello), Hans Kühne (Bass) und Oliver Menzi (Drums).
Wofür haben Sie in den letzten Monaten am meisten Zeit aufgewendet?
Marius Tschirky: Ich bin dabei, für die Jagdkapelle eine Hörspielversion meiner Geschichte «Felltuschgnusch» zu produzieren, die wir im letzten Jahr im Theater St.Gallen als Theaterstück aufgeführt haben. Sie wird im Herbst erscheinen. In den vergangenen Wochen habe ich mich mit meinen Nicht-Kinderliedern auseinandergesetzt, weil ich die ja am Freitag zusammen mit meiner Band in der Kellerbühne spielen werde.
Was hat Sie zuletzt wütend (oder traurig) gemacht?
Russland respektive die Ukraine.
Was hat Sie zuletzt glücklich gemacht?
Meine Tochter, grad heute. Und wieder einmal mit guten Musikern Lieder zu proben und zu spielen, die keine Kinderlieder sind. Ich liebe es, meine Kinderlieder live zu spielen und neue zu erfinden. Aber zwischendurch ist es auch schön, mich einmal ausschliesslich in meiner Seelenwelt künstlerisch zu bewegen.
In welchen Momenten hassen Sie Ihren Beruf? Und warum sind Sie trotzdem dabeigeblieben?
Seit vielen Jahren gibt es kaum etwas, was ich an meinem Beruf hasse. Ich kann das tun, was ich am liebsten mache, zusammen mit meinen besten Freunden. Und ich kann auch noch davon leben. Das Einzige, was nicht so toll ist an meinem Beruf: dass ich immer dann weg und auf einer Bühne bin, wenn meine Familie und meine Freunde, die nicht mit mir auf der Bühne stehen, frei haben. Ich bin seit langem an keinem Wochenend-Grillfest mehr gewesen …
Welches Buch würden Sie nie weggeben und warum?
Das Reimlexikon von Willy Steputat. Ein kleines, altes, gelbes Reclam-Büchlein, welches zu jedem Wort ein Reimwort weiss. Es ist ein alter Begleiter. Abgegriffen und voller Notizen liegt es da und hilft mir, wenn ich verzweifelt bin und keinen Reim finde. Meist finde ich darin aber nicht nur einen Reim, sondern Inspiration für neue Ansichten, Sprachwege und Worte.
Bei welcher Musik bekommen Sie Hühnerhaut und warum?
Ach, ich bekomme immer recht schnell Hühnerhaut, wenn die Musik authentisch ist, wenn die Künstlerin oder der Künstler wirklich hörbar leidet oder glücklich ist. Zusammenfassend: John Prine, Niels Frevert, alles von und mit Dave Grohl und wie sie alle heissen. Und die Stimme von Bruce Springsteen. Aber meist wirklich nur die Stimme.
Heute in zehn Jahren …
... werden wir den Menschen, die uns heute nerven, weil sie sich auf Strassen kleben, dankbar sein, weil sie uns am Verdrängen gehindert haben. Diktaturen sind vom Volk verscheucht worden, der Wissenschaft wird wieder flächendeckend geglaubt und alle, die immer an allem zweifeln, glauben wieder. Ein wenig utopisch-pathetisch, ich weiss. Oder bin nur ich gemeint? Ich werde in zehn Jahren das gleiche tun wie heute, aber ein wenig entspannter. Dann werde ich hoffentlich fast ausschliesslich in meinem Studio sitzen und Musik produzieren. Wenn nicht die künstliche Intelligenz auch diesen Bereich völlig übernommen hat.
26. Mai, 20 Uhr, Kellerbühne St.Gallen.