Unterentfelden/Suhr
Bürokratie steht der Biologie im Weg: Reglemente für Naturschutz sollen geändert werden

An der Landfläche Untere Quellmatte in Unterentfelden soll Ackerbau betrieben und gleichzeitig die Biodiversität gefördert werden können, so wie auf den benachbarten Feldern auf Suhrer Gemeindegebiet. Doch: Die Nutzungsordnung der Gemeinde steht im Weg.

Daniel Vizentini
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Betroffen ist die Naturschutzzone Untere Quellmatte in der Bildmitte. Links ist die Suhrentalstrasse zu sehen.

Betroffen ist die Naturschutzzone Untere Quellmatte in der Bildmitte. Links ist die Suhrentalstrasse zu sehen.

Bild: Open Street Map/seach.ch

Mit der fortschreitenden Urbanisierung der Region ist es eigentlich erstaunlich, dass das grosse, flache Feld zwischen Suhr und Entfelden unbebaut ist. Falls Aarau und Umgebung dereinst zur Grossstadt anwachsen sollten, könnte es sein, dass die heute idyllische, gut eineinhalb Kilometer lange Freifläche mit schönem Spazierweg entlang der Suhre zu begehrtem Land für Überbauungen wird. Bis es aber so weit ist, gilt es als bedeutendes Landwirtschaftsland und biologische Ausgleichszone.

Etwa drei Viertel der Fläche liegt auf Suhrer Gemeindegebiet. Die dortigen Landwirtschaftsbetriebe machen seit vielen Jahren beim kantonalen Programm Labiola mit (steht für «Landwirtschaft, Biodiversität und Landschaft») und werden vom Staat für ihre Biodiversitätsbemühungen entschädigt. Statt dem geforderten Anteil von mindestens sieben Prozent erhalten die Landwirte in Suhr freiwillig gar 18 Prozent ihres Hofs als hochwertige Naturfläche.

Nahrungsmittelproduktion und Biodiversität werden so kombiniert und es sei dank Labiola möglich, mit beidem Einkommen zu erzielen, erklärte der Landwirt und Suhrer Gemeinderat Thomas Baumann im Sommer der AZ. Anfangs offenbar bei anderen Landwirten der Region in Verruf geraten, sei das Suhrer Modell zunehmend «zum Nachahmungsmodell» geworden. Letzten März bewilligte der Grosse Rat einstimmig 5,6 Millionen Franken für die Weiterführung des Programms.

Bürokratie steht dem biologischen Ackerbau im Weg

Labiola ist auch auf der angrenzenden Fläche auf Unterentfelder Gemeindegebiet ein Thema, genauer in der Naturschutzzone Untere Quellmatte. Die Fläche gehört der Gemeinde, der Pächter des Landstücks will sie nun aber anders gestalten. Davon hängt die Erneuerung des Labiola-Vertrags zwischen ihm und Kanton ab.

Lebensraum für Vögel, Feldhasen oder Insekten werde aufgewertet, heisst es. Seinen biologischen Aufwertungsplänen liegt aber die Bürokratie im Weg: Die neu beabsichtigte Bewirtschaftung ist nicht umsetzbar, da sie nicht den Bestimmungen der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) der Gemeinde entspricht, wo wörtlich vermerkt steht, wie das Gebiet Quellmatte zu halten ist. Auch dem ergänzenden Nutzungsreglement läuft sie zuwider.

§14 Abs. 4 der BNO von Unterentfelden legt Details für die Nutzung der Quellmatte fest.

§14 Abs. 4 der BNO von Unterentfelden legt Details für die Nutzung der Quellmatte fest.

Da laut Planungsbericht der Firma Metron die Erfahrungen mit den Unterentfelder Bestimmungen zu den Naturschutzzonen «nicht zielführend» seien und BNO und Nutzungsreglement «generell nicht miteinander harmonieren», sollen beide nun teilrevidiert oder «anhand der kantonalen Muster-BNO aktualisiert» werden. «Regelungsinhalte werden so entflochten, dass keine Widersprüche und Anwendungsschwierigkeiten mehr bestehen», heisst es im Bericht. Labiola werde so möglich gemacht.

Neu Ackerkultur möglich, einfach umgeben von Naturschutzstreifen

Neu sollen «extensive Ackerkulturen» möglich sein, wenn sie von mehreren Landstreifen mit Hecken, Buntbrachen oder Hochstamm-Obstbäumen umgeben sind. Laut heutiger BNO sind dort nebst den Obstbäumen nur Heuwiesen gestattet.

Der Labiola-konforme Plan für die Untere Quellmatte.

Der Labiola-konforme Plan für die Untere Quellmatte.

Bild: Agrofutura AG/zvg

Die Teiländerung der BNO ermögliche so «eine höhere Flexibilität für Ausnahmen», ist im Bericht weiterzulesen. In der Unteren Quellmatte würden «Voraussetzungen für eine ökologisch wertvolle Bewirtschaftung geschaffen».

Das öffentliche Mitwirkungsverfahren zur BNO-Teiländerung in Unterentfelden läuft bis zum 20. Dezember. In Suhr zeigten die Biodiversitätsbemühungen im Rahmen von Labiola zuletzt klare Ergebnisse: Vogelarten wie Turmfalke, Neuntöter, Goldhammer und Braunkehlchen kehrten laut den Landwirten dort zurück.