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Am 18 Juni stimmen die Aarauerinnen und Aarauer über die Initiative Schuldenbremse ab. SVP, FDP und Mitte sind dafür, alle anderen Parteien und Gruppierungen nicht. Sie erklären nun, weshalb.
«Warum sollen wir uns in Aarau auf ein finanzpolitisches Experiment einlassen, wenn das bestehende System tadellos funktioniert?» – Diese - rhetorische - Frage stellt eine Allianz der städtischen Grünen, EVP, Pro Aarau, GLP und SP. Sie sprechen sich in einer gemeinsamen Medienmitteilung «ganz klar» gegen die Einführung einer Schuldenbremse aus. Die Initiative «Schuldenbremse zur Sicherung eines ausgeglichenen Finanzhaushalts der Stadt Aarau» kommt am 18. Juni an die Urne. Bereits 2019 war sie schon einmal durchs Volk beschlossen worden, allerdings in einer unzulässigerweise abgespeckten Version. Deshalb nun Runde 2.
Der Einwohnerrat hatte mit 19 zu 27 entschieden, dass er dem Volk ein «Nein» zur Schuldenbremse empfehlen wird. Nur SVP, FDP und Mitte stellten sich geschlossen hinter die Vorlage. Die anderen Parteien bekräftigen nun nochmals ihren Widerstand.
Erstens sei die Schuldenbremse - bei Bund und Kanton durchaus etabliert - «auf kommunaler Ebene praktisch unerprobt und für Aarau ungeeignet», betonen die Gegner in ihrer Mitteilung. Einige wenige Städte wie Luzern und Schaffhausen hätten eine Schuldenbremse eingeführt, damit aber nur «bescheidenen Erfolg» gehabt, in Luzern sei sie «gelockert und fast wieder abgeschafft» worden.
«Warum sollen wir uns in Aarau auf ein finanzpolitisches Experiment einlassen, wenn das bestehende System tadellos funktioniert?», fragen die Gegner. Kleine Gemeinwesen wie Aarau könnten grosse Investition weniger flexibel verteilen («glätten») als eine Grossstadt, ein Kanton oder der Bund. Zwar seien bei der Schuldenbremse Schwankungstöpfe als «flankierende Massnahmen» vorgesehen. «Trotz dieser Schwankungstöpfe können grosse Investitionen, wie zum Beispiel ein neues Oberstufenzentrum, nur über eine Ausnahmereglung finanziert werden. Ein Mehrwert gegenüber dem bisherigen und gut eingespielten System ist deshalb nicht ersichtlich.»
Die Gegner der Vorlage bezeichnen sie als «Mogelpackung» und weisen darauf hin, dass jedes Jahr im Herbst während der Budgetdebatte von FDP und SVP eine Senkung des Steuerfusses gefordert werde. Dies auch mit der Begründung, dass die Stadt ja über genügend Vermögen verfüge. «Der Fall ist klar: Dank der Schuldenbremse soll in den fetten Jahren der Steuerfuss gesenkt werden und in den mageren Jahren sollen Leistungen gekürzt werden. Vor allem der Mittelstand und die weniger gutverdienenden Bevölkerungsschichten werden somit in den mageren Jahren die Auswirkungen der Schuldenbremse tragen müssen.»
Aus Sicht der Gegner ist die Situation auf kommunaler Ebene «eine komplett andere» als bei Bund und Kanton. Denn dort könne die Bevölkerung nicht jeden Herbst über ihr Budget und den Steuerfuss abstimmen, in der Stadt Aarau schon - und ebenso über sämtliche Investitionen von mehr als 6 Mio. Franken. «Die Stimmberechtigten nehmen somit in unserer Stadt die Funktion einer Schuldenbremse wahr. Ausserdem verpflichtet uns das kantonale Gemeindegesetz bereits heute, mittelfristig eine ausgeglichene Erfolgsrechnung zu führen. Eine weitere Schuldenbremse ist schlichtweg überflüssig.»
Wer noch nicht ganz verstanden hat, was die Schuldenbremse ist, und es sich erklären lassen will, hat am kommenden Dienstag, 30. Mai, Gelegenheit dazu: Die Neue Helvetische Gesellschaft lädt ein zum Anlass «20 Jahre Schuldenbremse auf Bundesebene». Mit Kurzreferaten von alt Bundesrat Kaspar Villiger (Vorsteher des Finanzdepartements von 1996-2003), der über die staatspolitische Bedeutung der Schuldenbremse spricht; so wie auch von Professor Christoph Schaltegger vom Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik und von Finanz-Regierungsrat Markus Dieth. Anschliessend findet ein Podium zur Abstimmung über die Aarauer Schuldenbremse statt. Zu den Teilnehmenden gehören Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker sowie Kreisschulrätin Nicole Burger (SVP) und die Einwohnerräte Matthias Zinniker (FDP), Lukas Häusermann (Mitte), Nicola Müller (SP) und Alexander Umbricht (GLP). Organisiert wird das Podium vom Pro-Komitee. Die Veranstaltung findet ab 18.30 Uhr in der Aula der Alten Kantonsschule an der Bahnhofstrasse 91 in Aarau statt. Für die Teilnahme ist eine Anmeldung bei der Aktuarin der Neuen Helvetischen Gesellschaft erforderlich: sarah.affentranger@gmx.ch.